Das letzte Pflichtspiel der DDR – Was wurde aus der letzten Ostelf?

Am vergangenen Wochenende feierten die Deutschen 25 Jahre Mauerfall. Auch ein anderes Ereignis fand vor knapp einem Vierteljahrhundet statt. Das letzte Pflichtspiel der Fußball-Nationalmannschaft der DDR wurde am 15.November 1989 ausgetragen. Gegner im Praterstadion in Wien war Österreich. Durch eine 0:3-Niederlage vor 50.000 Zuschauern verspielte die Mannschaft von Eduard Geyer die Qualifikation zur WM in Italien. 

Trotzdem prophezeite Franz Beckenbauer mit der Aussage „Unsere Nationalmannschaft wird auf Jahre hinaus unschlagbar sein“ auch den Profis aus dem Osten Deutschlands eine goldene Zukunft. Die Vision des Kaisers erfüllte sich für die wiedervereinigte Nationalmannschaft bekanntermaßen nicht. Dennoch machte der eine oder andere ehemalige DDR-Nationalspieler nach der Wende Karriere. Wir werfen wir einen Blick zurück auf die letzte Auswahl der DDR. Was wurde aus den Vorzeigekickern des Sozialismus?

 

Dirk Heyne (1. FC Magdeburg)

Heyne war ein Spätstarter in der Nationalmannschaft. Nach seinem Debüt im Februar 1979(!) dauerte es bis August 1989 ehe Heyne wieder für die A-Nationalmannschaft der DDR auflaufen konnte.

Nachdem sich der 1.FC Magdeburg nicht für die Bundesliga oder die zweite Liga qualifizieren konnte, wechselte Heyne 1991 zu Borussia Mönchengladbach. Für die Fohlen absolviert er 24 Bundesligaspiele in den Jahren 92/93 und 93/94. 1994 beendete Dirk Heyne seine aktive Karriere. Seitdem war er einige Jahre als Trainer aktiv (u.a. 1.FC Magdeburg, FC Sachsen Leipzig) und betreibt eine Torwartschule. Aktuell lebt er in Hamburg und ist als Torwarttrainer in der Fußballschule des HSV tätig.

 

Dirk Stahmann (1.FC Magdeburg)

Ebenso wie Dirk Heyne begann auch Dirk Stahmann seine Profikarriere beim 1.FC Magdeburg. Im Gegensatz zu Heyne blieb Stahmann jedoch seine gesamte Laufbahn den Magdeburgern treu. Nach dem Zusammenschluss der Fußballligen 1991 spielte Stahmann noch drei Jahre lang in der NOFV-Oberliga. In seinen 46 Länderspielen für die DDR konnte er zwei Treffer erzielen.

 

Ronald Kreer (1.FC Lok Leipzig)

Auch der zweite Abwehrspieler in diesem letzten Qualifikationsspiel der DDR erzielte in seiner Nationalmannschaftskarriere zwei Tore. Kreer besiegelte die Niederlage in Wien als er in der 75. Minute die rote Karte erhielt. Nach der Wende schnupperte Kreer mit dem umbenannten VFB Leipzig zumindest noch Bundesligaluft – wenn auch nur in der damaligen 2.Bundesliga Süd. Später trainierte Kreer noch seine Heimatverein  TSV Blau-Weiß Torgau e.V. in unteren Ligen.

 

Detlef Schößler (SG Dynamo Dresden)

Detlef Schößler spielte zum Zeitpunkt des letzten Pflichtspiels der DDR für Dynamo Dresden. So wie im Verein, so sollte er auch in der Nationalmannschaft Matthias Sammer den Rücken freihalten. Schößler spielte von 1991-1995 immerhin 113 mal für Dresden in der Bundesliga. Dabei konnter er sogar drei Tore erzielen. 1995 wechselte er zum 1. FC Lok Leipzig und spielte bis 1998 für die Sachsen in der 2. Bundesliga. Danach trainierte Schößler diverse Nachwuchsmannschaften z.B. beim FC Energie Cottbus und RB Leipzig.

 

Matthias Lindner (1. FC Lok Leipzig)

Mittelfeldspieler Matthias Lindner ist der erste Spieler aus dieser Liste, der einen echten Erfolg im wiedervereinigten Fußball-Deutschland erreichen konnte. Nach zwei Jahren in der 2. Bundesliga stieg er 1993 mit Leipzig in die höchste deutsche Spielklasse auf. Ein Jahr, 31 Einsätze und ein Tor später stieg Lindner mit Leipzig aber direkt wieder in die zweite Liga ab. Insgesamt noch drei Jahre spielte Matthias Lindner dann in der 2.Bundesliga, das letzte Jahr für den FC Carl Zeiss Jena.

 

Matthias Döschner (SG Dynamo Dresden ausgewechselt in der 43. Minute)

Matthias Döschner spielte 40 mal für die DDR und erzielt zwei Tore. Obwohl er bei Dynamo Dresden zu den Leistungsträgern gehörte, konnte er nach der Wende in der neuen Fußballlandschaft nicht Fuß fassen. Dabei sollte Döschner eigentlich direkt nach der Wende zu OFI Kreta in die erste griechische Liga wechseln. Die Verantwortlichen von Dynamo Dresden waren aber nicht sonderlich begeistert von diesem Wechsel, und holten die griechischen Abgesandten einfach nicht vom Flughafen ab. Die flogen unverrichteter Dinge wieder zurück, und Döschner musste sich mit einem Engagement bei Fortuna Köln begnügen. Nach 24 Spielen in der 2.Bundesliga musste Matthias Döschner aufgrund einer schweren Knieverletzung seine Karriere 1992 beenden.

 

Thomas Doll (BFC Dynamo, eingewechselt in der 43. Minute)

Der erste echte Star in der letzten DDR-Mannschaft. Thomas Doll spielte 29 mal für die DDR und erzielte dabei sieben Tore. Doll wechselte 1990 zum HSV. In der Saison 90/91 führte er die Hamburger immerhin auf Platz 6 der Bundesliga. Mit 4 Toren und 11 Vorlagen machte er auch international auf sich aufmerksam. Lazio Rom bezahlte die Rekordablösesumme von 15 Millionen DM für Doll, und der gebürtige Malchiner wechselte in die Serie A. Von 1990-1992 spielte Thomas Doll auch für die bundesdeutsche Nationalmannschaft und konnte in 18 Spielen ein Tor schießen.

1993 kehrte Doll für drei Jahr in die Bundesliga zurück. Doch seine Zeit bei Eintracht Frankfurt war bereits von einigen Verletzungen geprägt. Nach einem weiteren Wechsel nach Italien zum AS Bari,  ließ Doll seine Karriere schließlich von 1998-2001 in Hamburg ausklingen.

Der HSV war auch die erste Trainerstation von Doll, der 2006 immerhin Dritter mit den Hansestädern wurde. Nach weiteren Trainerstationen in Dortmund,  Ankara und Saudi-Arabien, sitzt Doll seit 2012 bei Ferencvaros Budapest in Ungarn auf der Bank.

 

Jörg Stübner (SG Dynamo Dresden)

Während Thomas Doll eher die Sonnenseiten des Profifußballs erlebte, steht das Schicksal von Jörg Stübner stellvertretend für die Menschen, die nach der Wende die neuen Chancen nicht nutzen konnten. Stübner hatte Angebote aus dem Westen, entschied sich aber dafür bei Dynamo zu bleiben.  Doch nach der Qualifikation für die Bundesliga entwickelte sich das Leben für Stübner zum Alptraum. Bei nur fünf Einsätzen für Dresden spielt er insgesamt 106 Minuten Bundesligafußball. Ärger um ausstehende Gehaltszahlungen führt 1993 zum Abschied aus Dresden.

In den Folgejahren stürzt Stübner, der auf dem Spielfeld ein echter Führungsspieler war, endgültig ab. Alkohol, Tabletten, Gerüchte um einen Selbstmordversuch, Auswanderung nach Gran Canaria und Bild-Reportagen zwischen der Arbeit als Erntehelfer und Hartz IV – Jörg Stübner ist zum großen Verlierer dieser DDR-Elf geworden.

 

Matthias Sammer (SG Dynamo Dresden ausgewechselt in der 79. Minute)

Europameister, Champions League-Sieger, Weltpokalsieger, Deutscher Meister (als Spieler) mit Stuttgart und Dortmund, Europas Fußballer des Jahres – die Karriere von Matthias Sammer nach seinem Weggang aus Dresden liest sich wie eine einzige große Erfolgsgeschichte. Sammer ist sicherlich der ostdeutsche Profi, der am konsequentesten die neuen Möglichkeiten nach dem politischen Umbruch nutzte. 1999 musste Sammer seine aktive Karriere aufgrund anhaltender Komplikationen nach einer bakteriellen Infektion beenden.

Doch auch die Bilanz als Trainer und Funktionär ist beeindruckend. Deutscher Meister und UEFA Cup-Finale mit dem BVB – U-17-, U-19- und U-21 Europameister in seiner Zeit beim DFB – Triple 2013, Double 2014 beim FC Bayern – Sammer ist sicherlich der erfolgreichste, aber auch polarisierendste ehemalige DDR-Nationalspieler.

 

Uwe Weidemann (Rot-Weiß Erfurt eingewechselt in der 79.Minute)

Mehr zufällig landete Uwe Weidemann nach der Wende in der Bundesliga. Laut seiner Aussage beobachteten Scouts vom 1.FC Nürnberg eigentlich Ulf Kirsten, wurden aber auf Weidemann aufmerksam. Doch in Nürnberg fühlte sich der Offensivspieler nicht sonderlich wohl und traf nur zweimal in 21 Spielen. Seine erfolgreichste Zeit feierte Weidemann von 1993-1995 beim MSV Duisburg. Immerhin 11 Tore und 10 Vorlagen gelangen ihm in zwei Jahren Bundesliga. Danach wechselte er allerdings häufiger den Verein, und spielte aufgrund von Verletzungen nie konstant und gut.

Den größten Erfolg als Trainer hatte Weidemann in Düsseldorf, als er die Fortuna von 2004-2007 in der Regionalliga betreute. Heute arbeite Weidemann als Scout im Nachwuchsleistungszentrum vom MSV Duisburg.

 

Rico Steinmann (FC Karl-Marx-Stadt)

Drei Tore erzielt Rico Steinmann in 23 Spielen für die DDR. Vielleicht hätten es mindestens vier sein müssen. Steinmann verschoss im entscheidenden Qualifikationsspiel bei Stand 0:2 einen Elfmeter in der 31. Minute. Es war das Ende aller WM-Träume für die Mannschaft der DDR.

Steinmann konnte sich dagegen seinen Traum vom Profifußball erfüllen. Von 1991 bis 1997 lief er in 139 Partien für den 1.FC Köln in der Bundesliga aufs Spielfeld. Danach ließ er seine Karriere beim FC Twente Enschede in der niederländischen Ehrendivision ausklingen. Nach einem Intermezzo als Manager des Chemnitzer FC arbeitete Steinmann in seiner Heimatstadt am Aufbau einer Fußballschule.

 

Ulf Kirsten (SG Dynamo Dresden)

Ein weiterer Star unter den ehemaligen DDR-Nationalspielern ist ohne Frage Ulf Kirsten. Der in Risa geborene Mittelstürmer erzielte schon für die DDR in 49 Spielen 14 Tore. Auch für Nationalelf der Bundesrepublik traf Kirsten regelmäßig, insgesamt 20 Mal in 51 Spielen. Die großen Erfolge blieben Kirsten in der Nationalelf allerdings verwehrt. Beim Erreichen des Finales der EM 1992 in Schweden fehlte er ebenso, wie vier Jahre später beim Titelgewinn in England. So bleiben die beiden WM Teilnahmen 1994 und 1998 die Highlights bei der Nationalmannschaft.

Erfolgreicher verlief dagegen die Vereinskarriere bei Bayer Leverkusen. Manager Rainer Calmund hatte Kirsten 1990 für 1,8 Millionen aus Dresden gekauft. Am Rhein entwickelte sich Kirsten zu einem der treffsichersten Spieler der Bundesligageschichte. Bei 182 Toren in 350 Spielen traf Kirsten im Schnitt in jedem zweiten Spiel. Außer dem DFB Pokal 1993 (Tor im Finale durch Kirsten) konnte er allerdings keinen weiteren Vereinstitel gewinnen. Im Gegenteil, auch Kirsten war vier mal Vizemeister mit Leverkusen und gehörte zum legendären Triple-Vizekusen 2002, als Bayer in Bundesliga, Pokal und Champions League jeweils nur Zweiter wurde.

2003 beendete Kirsten seine Karriere. Nach einigen Jahren als Nachwuchstrainer in Leverkusen, arbeitet er heute bei einer Sportagentur.

 

Andreas Thom (BFC Dynamo)

Der kongeniale Partner von Ulf Kirsten in den Jahren 1990-1995 war Andreas Thom. Der gebürtige Berliner wechselte Anfang 1990 für 2,5 Millionen DM vom BFC Dynamo zu Bayer Leverkusen. Zusammen mit Kirsten gewann Thom 1993 den DFB Pokal. Im Sommer 1995 verließ Thom dann Deutschland in Richtung Norden und spielte für drei Jahre in Glasgow bei Celtic. zum Abschluss seiner Karriere kehrte Thom in seine Heimatstadt zurück und spielte noch einmal in der Bundesliga, diesmal für Hertha BSC. Für die Berliner ist Andreas Thom seit 2001 auch fast durchgehend als Co-Trainer der ersten und zweiten Mannschaft, sowie als Trainer der U-17 tätig.

In der deutschen Nationalmannschaft konnte Thom noch zehn Spiele absolvieren, nahm an der EM 1992 teil und erzielte zwei Treffer.

 

Trainer: Eduard Geyer (SG Dynamo Dresden)

Heute undenkbar, aber Eduard Geyer hat 1989 nicht nur die DDR-Nationalmannschaft trainiert, sondern auch Dynamo Dresden. Geyer war bis zum letzten Freundschaftsspiel der DDR-Nationaltrainer. Im Verein konnte er sich nicht so lange halten und verließ im Frühjahr 1990 Dresden. Zwischenzeitlich arbeitete er in Ungarn und bei Sachsen Leipzig.

1994 unterschrieb Geyer einen Vertrag beim FC Energie Cottbus. Für die Lausitzer war er bis zum November 2004 Cheftrainer. Ihm gelang es aus der Regionalliga, über die Zwischenstation 2.Bundesliga, bis in die Bundesliga aufzusteigen. 2001-2003 spielten die Cottbusser in der höchsten deutschen Spielklasse. Geyer hatte auch die zweifelhafte Ehre, als erster Trainer der Bundesliga eine Mannschaft aufzustellen, die nur aus ausländischen Spielern bestand.

Seit seiner Beurlaubung in Cottbus im November 2004 arbeitete Geyer noch für Al Nasr in Dubai, den FC Sachsen Leipzig und eine Saison wieder für  Dynamo Dresden.

 

Zusammenfassung

Die Wendezeit war auch für Fußballer keine einfach Zeit. Dennoch schafften einige der letzten Nationalspielern der DDR auch den Sprung in den westlichen Profifußball. Von den 13 eingesetzten Spielern hatten immerhin 10 einen Einsatz in der Bundesliga. Doll, Kirsten, Sammer und Thom liefen auch noch für die gesamtdeutsche Nationalmannschaft auf. Lediglich Dirk Stahmann schaffte es nicht einmal in die zweite Bundesliga.

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