NHL Playoffs 2018 – Runde 2 – Washington Capitals vs. Pittsburgh Penguins
Und jährlich grüßt der Pinguin
Wie konnten sie soweit kommen?
Obwohl Washington und Pittsburgh beide je sechs Spiele benötigten um die zweite Runde der Playoffs in der NHL zu erreichen, war der Weg dorthin höchst unterschiedlich.
Die Capitals standen nach zwei Niederlagen in der Verlängerung gegen die Columbus Blue Jackets bereits mit dem Rücken zur Wand. Doch mit einem 3:2 nach Verlängerung in der dritten Partie gelang die Wende. Spiel vier war ein überzeugender Auswärtserfolg, Spiel fünf ein sehr glücklicher Heimsieg, erneut erst im „vierten“ Drittel. In der abschließenden sechsten Begegnung zeigten die Hauptstädter dann den Killerinstinkt, den sie in früheren Playoffjahren häufig vermissen ließen.
Dagegen hatte Pittsburgh gegen die Philadelphia Flyers lange Zeit alles unter Kontrolle. Zwar ging Spiel zwei verloren, aber auch in dieser Begegnung hatte Pittsburgh genug Chancen für einen Sieg. Die Erfolge in Spiel eins, drei und vier waren mit 7:0, 5:1 und 5:0 sehr deutlich. Statt aber die Serie vor heimischem Publikum zu beenden, verspielten die Pinguine eine Führung in Spiel fünf. Zurück in Philadelphia sah es lange Zeit so aus, als würde die Serie über die volle Distanz gehen. Doch sechs Tore in den letzten 27 Minuten bescherten ein 8:5 in einer wilden Partie.
Wie gut kennen sich die Teams?
Im dritten Jahr hintereinander und im elften Vergleich insgesamt stehen sich die Capitals und Penguins gegenüber. Lediglich 1994 gelang es der Mannschaft aus dem Disctrict of Columbia Pittsburgh zu besiegen. In der Ära Ovechkin – Crosby gingen alle Vergleiche bisher an den Kanadier und seine Mannschaft. 2016/17 kämpften sich die Capitals nach 0-2 und 1-3 zurück in die Serie, verloren dann aber Spiel sieben mit 0:2.
Während der Hauptrunde gewannen beide Teams je zwei Spiele. Die Capitals siegten im letzten Vergleich Anfang April mit 3:1. Mit 13:12 sprach das Torverhältnis leicht für Washington.
Was wird wichtig?
So ein wenig müssen sich die Washington Capitals vorkommen wie Bill Murray im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier.“ Statt eines niedlichen Nagers grüßt aber in jedem Frühjahr ein grinsender Sidney Crosby im Pinguinkostüm und am nächsten Morgen wachen die Capitals wieder ohne Einzug ins Conference Final auf.
Um endlich aus diesem sich wiederholenden Albtraum aufzuwachen, müssen folgende Dinge für die Hauptstädter funktionieren. Braden Holtby (s.u.) sollte mindestens in vier Spielen der bessere Torhüter im Vergleich mit Matt Murray sein. Das Powerplay von Washington agiert weiterhin so gut wie gegen Columbus. Gleichzeitig dürfen die Capitals den Penguins nur wenige Chancen auf Überzahlsituationen bieten, und diese müssen ähnlich gut verteidigt werden, wie in Runde eins gegen die Blue Jackets. Die Topspieler Ovechkin, Evgeny Kuznetsov, T.J. Oshie und Niklas Backström treffen und punkten regelmäßig. Die dritte Reihe um Lars Eller muss speziell dann die Kreise von Sidney Crosby einschränken, wenn Evgeni Malkin verletzt fehlen sollte. Dazu wären Tore von Rollenspielern wie Devante Smith-Pelly, Jakub Vrana, Jay Beagle und Chandler Stephenson hilfreich.
Realistisch gesehen könnten sich die besten Spieler der beiden Mannschaften weitgehend neutralisieren. Deshalb wird es für jedes Teams wichtig sein, dass auch andere Akteure zum Erfolg beitragen. Im Vorjahr verhalfen den Penguins Punkte von Justin Schultz, Patrick Hornqvist, Matt Cullen oder Nick Bonino zum Erfolg. Findet Washington diese Spieler 2018, dann kann endlich der ersehnte Sieg gegen den Titelverteidiger gelingen.
Auf der Gegenseite muss Pittsburgh aufpassen, nicht zu nachlässig mit den eigenen Chancen umzugehen. In Spiel zwei gegen Philadelphia verschwendete ausgerechnet Crosby hochkarätige Möglichkeiten, die Flyers entführten das Heimrecht nach Philadelphia. Im fünften Spiel verpassten es die Pinguine bei 2:1 im zweiten Drittel den Deckel auf die Serie zu machen. Auch im sechsten Spiel lagen die Penguins schnell 0:1 und zwischenzeitlich 2:4 zurück. Die Torhüter von Philadelphia sorgten dafür, dass diese verpassten Gelegenheiten letztlich ohne Folgen blieben. Ein auf Revanche sinnendes Washington könnte sich genau an diesen Stellen entscheidende Vorteile verschaffen.
Interessanterweise war es bisher egal, wie die ersten Spiele der Serie verliefen. Ob 2-0, 1-1, oder 0-2, das Resultat war letztlich immer ein Weiterkommen der Penguins.
Wer macht die Tore?
Topscorer der Capitals war kein geringerer als Verteidiger John Carlson. Allerdings erzielte der 28-jährige nur ein Tor, gab aber neun Vorlagen. Ovechkin war der beste Torjäger mit fünf Treffern, gefolgt von Landsmann Evgeny Kuznetsov mit vier und T.J. Oshie mit drei Toren. Backstrom, Smith-Pelly, Tom Wilson und Eller trafen je zweimal, weitere vier Spieler trugen sich in einem Fall in die Torschützenliste ein. Vier Tore erzielte die Mannschaft von Coach Barry Trotz im Schnitt, nur die Pinguine waren mit 4,67 Toren pro Partie noch erfolgreicher.
Sechs Spiele, sechs Tore, dreizehn Punkte – Klingt nach der üblichen Form von Sidney Crosby im Frühjahr. Selbst für den Superstar der Penguins sind diese Zahlen innerhalb einer Serie aber etwas Besonderes. 2008/09 erreichte Crosby diesen Wert einmal – Gegner damals waren die Capitals. Neben Crosby spielte auch Jake Guentzel eine überragende erste Runde. Wie sein Kapitän legte auch Guentzel 6-7-13 auf, und konnte im abschließenden sechsten Spiel sogar einen Pantstrick erzielen. Bryan Rust traf dreimal, Malkin ebenfalls in nur fünf Spielen und Patrick Hornqvist machte zwei Tore in vier Partien. Dazu erzielten weitere sechs Pinguine je ein Tor.
Wer hält den Puck?
Braden Holtby ersetzte in Spiel zwei Philipp Grubauer nach 40 Minuten und stand danach in den weiteren Spielen als Starter im Tor. Mit 93,2 % Fangquote und einem Gegentorschnitt von 1,92 war Holtby einer der Gründe für die vier Siege in Folge für Washington. Ähnliche Zahlen wird der Kanadier auch gegen die Penguins auflegen müssen. 2016/17 gelang es Braden Holtby bereits, seinem Team eine Chance auf den Erfolg gegen die Penguins zu ermöglichen, alleine die Vorderleute wussten diese nicht zu nutzen.
Auf die Unterstützung der Mitspieler in der ersten Runde konnte sich Matt Murray verlassen. Nur 24,7 Torschüsse ermöglichten die Pinguine den Flyers – mit Abstand der niedrigste Wert aller Mannschaften in den Playoffs. Murray hielt 91,1 % dieser Schüsse und ermöglichte Philadelphia 2,22 Tore pro Spiel. Washington gab mehr als 37 Schüsse pro Partie auf das Tor von Columbus ab. Die Zahl wird durch vier Verlängerungen etwas verfälscht, aber auf mehr als 30 Torschüsse darf sich Murray sicherlich einstellen. In der letzten Saison spielte Marc-André Fleury gegen die Capitals, da Murray verletzt ausfiel. Allerdings weiß der 23-jährige seit 2016 selbst, wie er erfolgreich gegen Washington agieren kann. Im Gegensatz zu den Vorjahren wäre ein Ausfall von Matt Murray aber kaum aufzufangen.
Überzahl oder Unterzahl?
Gegen die Blue Jackets nutzen die Capitals jede dritte Chance in Überzahl. Damit hatten die Capitals bisher das beste Powerplay in den Playoffs. Die Penguins, in der Hauptrunde mit 26,4 % immerhin die Nummer eins der Liga, kamen gegen Philadelphia nur auf 20 % d.h. fünf Tore bei 25 Versuchen.
Dafür verbesserte Pittsburgh sich in Unterzahl gegenüber der regulären Saison, ermöglichte den Flyers nur zwei Treffer bei 21 Überzahlspielen, und hatte damit eine Quote von 90,5 % in Unterzahl. Washington war in dieser Disziplin mit 83,3 % etwas schlechter.
Wichtig wird vor allem werden, wie oft die Teams jeweils in Unterzahl agieren müssen. Pittsburgh kassierte im „Battle of Pennsylvania“ durchschnittlich 11,83 Strafminuten pro Spiel, währen die Capitals nur 8,67 Minuten pro Begegnung in der Kühlbox verbringen mussten. Den Gegner auf die Strafbank zwingen, aber selbst diszipliniert agieren wird eines der Ziele für beide Mannschaften sein.
Zuhause oder Auswärts?
Pittsburgh hatte in der regulären Saison mit 30-9-2 die beste Heimbilanz der NHL. Auswärts schwächelte der Meister jedoch und konnte nur 17 von 41 Spielen gewinnen. In der ersten Runde gewannen Crosby & Co. allerdings alle drei Spiele in Philadelphia.
Washington war mit 28 Heimsiegen in der Hauptrunde ebenfalls eine der besseren Mannschaften der Liga. Wie wenig Aussagekraft diese Statistik für die Playoffs hat, zeigten jedoch alle drei Partien in der Capitol One Arena. Washington verlor die beiden Auftaktspiele in Overtime und benötigte auch in Spiel fünf eine Verlängerung für den Sieg. Dafür gelangen auch den Capitals nach 21-15-5 Spielen in der regulären Saison, drei Siege auf fremden Eis in Columbus.
Wie bereits angedeutet lässt sich auch aus den Serien gegeneinander in den vergangenen Jahren kein Trend erkennen, welches der Teams besser zuhause oder auswärts agiert.
Wer gibt die Anweisungen?
Das dritte Duell mit den Pittsburgh Penguins ist auch die letzte Chance für Barry Trotz sich in Washington eine Vertragsverlängerung zu verdienen. Sollten die Capitals wieder scheitern, dann kann sich der 55-jährige einen neuen Verein suchen. Damit das nicht passiert, muss Trotz seine Mannschaft vom ersten Bully an richtig einstellen. Einen Rückstand von 0-2 wie 2016/17 können sich die Hauptstädter nicht erlauben. Vielleicht sollte Trotz dazu den guten alten Telefonhörer in die Hand nehmen und Alain Vigneault anrufen. Dem gelang es 2014 und 2015 als letztem Trainer, eine Serie gegen Sidney Crosby und die Penguins zu gewinnen. Ob der frisch bei den Rangers entlassene Vigneault allerdings einem Kollegen helfen würde im Amt zu bleiben ist eher fraglich. Vielleicht erinnert sich Trotz auch an die Spiele fünf und sechs im Vorjahr. Dort dominierten die Capitals und gewannen beide Partien verdient.
Mike Sullivan kann dagegen ganz entspannt in das Duell mit Washington gehen. Die Ausfälle von Hornqvist und Malkin waren zwar ärgerlich, stehen aber in keinem Verhältnis zu den Verletzungsproblemen im Frühjahr 2017. Sullivan steht der vielleicht beste Kader zur Verfügung, den die Penguins in den letzten drei Jahren hatten, sieht man einmal von der Backupposition im Tor ab. Sullivan konnte sein Team so gegen Philadelphia aufstellen, dass deren bester Spieler Claude Giroux nicht zur Entfaltung kam. 2017 konnte Ovechkin auch nur drei Tore und fünf Punkte in sieben Spielen sammeln. Vermutlich wird Sullivan auch in dieser Saison diese Taktik anwenden und Washington zwingen, die Serie durch Spieler aus den hinteren Reihen zu entscheiden. In diesem Vergleich hatten die Pinguine bisher deutliche Vorteile.
Wer spricht deutsch?
Für Philipp Grubauer waren die Playoffs bereits nach zwei Spielen (fürs erste) vorbei. Obwohl der Rosenheimer keine groben Fehler macht, verbannte ihn der Trainer wieder auf die Bank. Grubauer gelang es in den ersten beiden Spielen jeweils nicht, eine Zweitoreführung über die Zeit zu retten. Dementsprechend deprimierend sind die Zahlen von 83,7 % Fangquote und 4,55 Gegentoren pro Spiel. So schade es für Grubauer persönlich wäre, aber für den Mannschaftserfolg der Capitals wäre es besser, wenn der Deutsche in den Playoffs nicht mehr zum Einsatz käme. Sollte Grubauer doch wieder im Tor stehen, dann muss er auch unhaltbare Schüsse entschärfen.
Viele Torschüsse von Tom Kühnhackl würde Grubauer auch dann nicht halten müssen, wenn er in jedem Spiel das Tor hüten würde. Kühnhackl war aber in allen Spielen der Penguins im Kader und spielte durchschnittlich 10:39 Minuten. Erneut kam der Landshuter bevorzugt in Unterzahl zum Einsatz. Die Herausforderung gegen einen Alexander Ovechkin im Penalty Killing zu bestehen meisterte Kühnhackl bereits in den beiden letzten Jahren. Kann er in diesem Jahr vielleicht sogar selbst offensiv einen Beitrag leisten, dann lebt der Traum vom „Threepeat“ für den Deutschen weiter.
Wie geht es aus?
Der Blick zurück auf die letzten Jahren schließt im Normallfall einen Tipp auf die Washington Capitals aus. Die Vorzeichen waren in der letzten Saison so gut wie nie, doch die Caps gruben sich mit einem Rückstand von 0-2 und 1-3 direkt die Grube, in die sie dann schlussendlich nach sieben Partien fielen. Zudem scheint Sidney Crosby noch einmal einen Entwicklungsschritt nach vorne gemacht zu haben. Gegen Philadelphia wirkte es so, als könne Crosby bei Bedarf noch einen zusätzlichen Gang einlegen, und wüsste auch immer genau, wann er dem Gegner mit einer besonderen Aktion schaden könnte. Die „Geilheit“ auf einen weiteren Stanley Cup hat beim Kanadier offensichtlich eher zu- als abgenommen. Washington hatte dagegen erneut in der ersten Runde mit einem schwächeren Gegner größere Probleme. Zudem ist Braden Holtby lange nicht so unumstritten, wie noch bei den letzten Vergleichen mit Pittsburgh in den Playoffs. Dennoch könnte genau jener Holtby in dieser Saison der große Held der Hauptstadt werden. Den Fehler gegen den besten Spieler seiner Generation zu wetten, machen wir aber nicht noch einmal. Solange Crosby gesund ist, bleibt seine Mannschaft der Favorit. Pittsburgh siegt in sechs Spielen.
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