Das Tor zur Welt bleibt geschlossen

Das Tor zur Welt bleibt geschlossen

Das Nein beim Referendum zur Bewerbung für die olympischen Sommerspiele 2024 spart der Stadt Hamburg Millionen an Kosten. Tausende Fahnen, Wimpel, Postkarten und Souvenirs hätten eingestampft und entsorgt werden müssen. Schiffe und Barkassen im Hafen hätte mit einem neuen Anstrich versehen werden müssen. Im Prinzip alles, auf dem das Wappen von Hamburg prangt, hätte angepasst oder ausgetauscht werden müssen. Mit der Schließung der Wahllokale am Sonntagabend wurde dies verhindert. Das Stadtwappen von Hamburg bleibt weiterhin ein Symbol der Abwehr nach außen.  Das weiße Hamburger Stadttor wurde mit Wucht zugeworfen, statt es mit Freude zu öffnen.

Berlin kennt man fast überall auf dem Globus. München wird oftmals fälschlicherweise als deutsche Hauptstadt gesehen. Die Amerikaner und Japaner kennen noch Heidelberg und Rothenburg ob der Tauber. Vielfliegern mag Frankfurt ein Begriff sein. Das selbsternannte Tor zur Welt ist außerhalb der Bundesrepublik bisher eher unbekannt. Hamburg ist keine Weltstadt, und nach diesem Sonntag bleibt dieser Status quo auch bestehen.

Das Ende der Steuerverschwendung?

Das werden auch viele Menschen in Hamburg gut finden. Ich kann diese Menschen sogar verstehen, die sich Sorgen darum machen, ob ihre Kinder einen Kindergartenplatz bekommen, ob es einen Verkehrskollaps in der Hansestadt gibt, oder welche Viertel und Wohnungen für ärmere Bevölkerungsschichten noch bezahlbar bleiben. Aber liegt die Lösung all dieser Fragen im Verzicht auf ein sportliches Großereignis? Wird jetzt das gesamte Geld, das z.B. der Bund zu Olympia beigesteuert hätte, sinnvoll genutzt? Gibt es keinen künstlichen Geysir mehr in der Innenstadt von Bad Salzuflen? Werden jetzt sinnlose Aussichtsplattformen, wie die bei Köln verhindert? Wird durch die „gesparten“ Millionen und Milliarden die komplette Infrastruktur Hamburgs hochmodern umgebaut? Muss das Wort Steuerverschwendung aus dem Duden gestrichen werden? Wer das glaubt, der glaubte auch vor den Enthüllungen des Magazins Spiegel an eine saubere Vergabe der WM 2006.

Wären die Spiele in Hamburg mit der im Konzept verankerten Finanzierung ausgekommen? Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Nur welche Großprojekte können denn wirklich noch so genau kalkuliert werden, dass ein Jahrzehnt vor der Fertigstellung alle Kosten berücksichtigt sind?

Olympia 2024 war die Chance auf ein „Wir packen das!“ Ein „Ja“ hätte Menschen und Unternehmen motivieren können, gemeinsam an einer realistischen und finanzierbaren Umsetzung zu arbeiten. Die erfolgreiche Bewerbung und Durchführung von olympischen Spielen hätte bewiesen, dass Hamburg und Deutschland in der Lage sind, Großprojekte durchzuführen.

Wo waren die Umfragen vor anderen Großprojekten?

Natürlich kann über Großprojekte in Deutschland diskutiert werden. Eine konstruktive, kreative und öffentliche Diskussion über Mammutaufgaben sollte sogar eine Selbstverständlichkeit sein. Die Frage nach der Entscheidungsfindung durch ein Referendum stellt sich nach diesem Sonntag jedoch mehr denn je. Warum musste ausgerechnet über die Bewerbung für Olympia abgestimmt werden? Irgendwo musste vermutlich angefangen werden – leider an der falschen Stelle.

Stern und Spiegel loben das Ergebnis unisono als Zeichen einer funktionierenden Demokratie. Das Gegenteil ist der Fall. Wozu wählen wir alle paar Jahre Vertreter mit Abstimmungsrechten in diverse Parlament, wenn diese dann nicht ihrer Funktion nachkommen? Statt Entscheidungen zu treffen wird wieder beim Volk nachgefragt?
Oder ist das jetzt die neue Demokratie? Wird ab sofort bei allem eine Abstimmung durchgeführt? Passierte das eventuell bereits? Wo war das Referendum zur Privatisierung der Bahn und der Post? Wann wurden die Bürger/innen in Berlin und Brandenburg zum Flughafen BER befragt? Und warum zur Hölle baut Hamburg ein architektonisch-musikalisches Millionengrab wie die Elbphilharmonie, ohne seine mündigen Bürgerinnen und Bürger zu befragen?

Bei der Elbphilharmonie werden der Bau und die Mehrkosten akzeptiert bzw. begründet durch einen eventuellen kulturellen Mehrwert nach der Fertigstellung. Sogar von einem positiven Effekt auf den Tourismus ist die Rede. Ich mag in den Augen mancher ein Kulturbanause sein, aber ich gehe selten, genauer so gut wie nie in die Oper. Sehr wohl besuche ich aber Sportveranstaltungen, und das nicht nur aus beruflichem Interesse. Sport ist für mich ebenfalls ein fester Bestandteil der Kultur dieses Landes. Sport, und nicht ausschließlich Fußball wohlgemerkt. Olympia 2024 war die Chance auf ein Sportfest mitten in Hamburg. Die WM 2006 hat das Bild der Deutschen in der Welt positiv verändert. Olympia 2024 wäre die Chance gewesen dieses Bild einer weltoffenen, positiven und sportbegeisterten Nation weiter zu verfestigen. Diese Chance wurde vertan.

„Final und Fatal“ statt „Feuer und Flamme“

Das Signal das von Hamburg ausgeht ist fatal. Die vielleicht finale Konsequenz ist, dass sich Deutschland wohl auf viele Jahre hinweg nicht mehr um die Austragung olympischer Spiele bewerben wird. Die Entscheidung gegen Olympia 2024 ist eine feige, weil einfache Entscheidung. Es ist ein Nein zu einer Chance, die sich für Hamburg, und wohl leider auch für Deutschland in den nächsten Jahrzehnten so nicht mehr bieten wird.

Ein plattdeutsches Sprichwort lautet übersetzt ins Hochdeutsche: „Was der Bauer nicht kennt, dass frisst er nicht.“ In diesem Sinne Guten Appetit Hamburg!

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