Dejá-Vu mit anderen Vorzeichen – Die Hamburg Towers 2019
Vor exakt einem Jahr, am Morgen des 13.12.2017 hatten die Hamburg Towers eine Bilanz von neun Siegen und drei Niederlagen in der ProA. Die Mannschaft hatte einen neuen Startrekord aufgestellt und befand sich voll auf Kurs Playoffs. Danach folgte der jähe Absturz. Sechs Partien hintereinander wurden verloren. Von den verbleibenden 18 Spielen gewannen die Türme nur noch vier Partien. Hamed Attarbashi kostete diese Negativserie im Februar seinen Job als Cheftrainer.
Heute, am 13.12.2018 haben die Hamburg Towers erneut eine Bilanz von 9:3. Die Vorzeichen für den weiteren Saisonverlauf sind jedoch komplett andere.
Teamplay als Schlüssel
In den ersten vier Jahren der Klubgeschichte gehörten die Hamburger immer zu den Teams mit den wenigsten Assists der ProA. 2018/19 liegen die Towers mit bisher 19,3 Vorlagen pro Partie auf dem zweiten Platz der Liga. Hauptverantwortlich dafür ist Guard Achmadschah Zazai. Der 32jährige legt seinen Mitspielern aktuell 6,9 Körbe auf. Den bisherigen Vereinsrekord für eine Saison teilten sich Tony Canty (2016/17) und Bazoumana Kone (2015/16) mit 4,1 Assist pro Spiel.
Dazu sorgt Center Jannik Freese mit seinem guten Auge ebenfalls für einen besseren Spielfluss. Mit Pässen aus Korbnähe setzt Freese die Distanzschützen gut ein, oder findet zum Korb ziehende Mitspieler direkt in der Bewegung. Das Spiel der Hamburger ist längst nicht mehr so statisch und teilweise eindimensional wie noch vor Jahresfrist. Da die Towers sich und den Ball mehr bewegen, müssen gegnerische Mannschaften viel besser verteidigen, um einen Korberfolg zu verhindern.
Topscorer aus Übersee
Es klingt paradox, aber neben dem verbesserten Zusammenspiel trägt auch ein einzelner Spieler zum Erfolg der Hamburg Towers bei. Andrew „Drew“ Barham ist mit 18,7 Punkten pro Spiel nicht nur der erfolgsreichste Punktesammler der Towers. Barham ist im Moment Topscorer der gesamten zweiten Basketball Bundesliga. Erstmals scheint den Verantwortlichen der Türme ein echter Glücksgriff bei einem Spieler aus Übersee gelungen zu sein. Zwar war mit Jon Williams bereits ein sehr guter Punktelieferant in der edel-optics.de Arena heimisch, aber Barham setzt auch in diesem Bereich neue Bestwerte in der Towershistorie.
Zusammen mit seinem Landsmann Beau Beech – ebenfalls starke 14,1 Punkte – bildet Barham ein hochgefährliches Duo. Der eine peitscht das Publikum nach einer erfolgreichen Aktion auf, der andere verwandelt scheinbar teilnahmslos und eiskalt. Treffsicher sind beide vor allem aus der Distanz. Barham verwandelt 42 % seiner Dreipunktewürfe, Beach 40 %, und der Kanadier Tevonn Walker liegt mit 40,6 % genau zwischen den beiden US-Boys. Auch diese Gefahr aus des Distanz fehlte den Hamburgern in den vorherigen Spielzeiten oftmals.
Home, sweet Home
Nachdem auch zuhause die Ergebnisse im letzten Jahr nicht zufriedenstellend waren, fegen die Türme in diesem Jahr ihre Gegner förmlich vom Wilhelmsburger Parkett. Viermal konnten mehr als 100 Punkte bejubelt werden. Im Schnitt gelangen die sechs Heimsiege in sechs Heimspielen mit einem Vorsprung von 28 Zählern. Lediglich gegen Schalke 04 wurde es beim 69:66 knapp. Die Heimstärke aus den ersten drei Jahren (u.a. 13:2 in 2015/16) ist zurück.
Die Folge ist der nächste Rekord. 3288 Zuschauer pilgern in dieser Saison zu den Partien in Wilhelmsburg. Im fünften Towersjahr hintereinander steigt damit der Durchschnitt erneut an. Bemerkenswert ist aber, dass bereits zu dieser frühen Saisonphase so viele Fans in die edel-optics.de Arena kommen. In den Vorjahren stiegen die Zahlen erst um und nach Weihnachten an. Heuer begann der Run auf die Karten deutlich früher. Die Hamburger schätzen die Leistung der Towers, und vielleicht zeigt das hohe Interesse auch, wie sehr die Hansestadt nach einem Erstligisten lechzt. Die nächsten beiden Heimspiele sind bereits jetzt ausverkauft.
Klares Ziel, Klare Orientierung
„Wir werden Meister. Wir sind der Verein mit der bundesligareifsten Organisation und haben den Kader, um unser Traumziel zu erreichen.“ Diese Aussagen von Trainer Mike Taylor bedeuten zum ersten Mal in der Geschichte der Towers eine klare Ausrichtung auf den Aufstieg. In den Vorjahren wurde, zumindest offiziell, immer nur von möglichst vielen Siegen, aber keinem wirklich konkreten Ziel gesprochen. Die offensive Ausrichtung für dieses Jahr bedeutet großen Druck. In der Medienstadt Hamburg können mutige Aussagen schnell zu einem Hindernis werden, das bei Misserfolg einen Verein ins Stolpern bringt. Doch aktuell wirkt es so, als seien alle Beteiligten eher froh über klare Vorgaben.
Die Hamburg Towers 2018/19 haben mit dem Team vom Vorjahr zwar im Moment die Bilanz gemeinsam, aber in den wesentlichen Punkten unterscheiden sich die beiden Mannschaften. Teamplay, indiviuelle Qualität, Heimstärke und ein selbstbewusstes, realistisches Ziel – einen Einbruch wird es in dieser Saison bei den Hamburg Towers nicht geben.
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