The good, the bad and the ugly – Positives, Negatives und Überflüssiges bei der WM in Brasilien

Technisch gesehen war die Halbzeit der WM zwischen dem Spiel USA – Portugal und den Partien Australien – Spanien und Niederlande – Chile. Für mich ist jetzt erst Halbzeit. Zum ersten Mal seit dem 12. Juni gibt es an zwei aufeinanderfolgenden Tagen kein Spiel. Die erste K.O.-Runde ist gespielt und, mit Ausnahme von Costa Rica, die Überraschungsteams sind ausgeschieden. Zeit zum Durchatmen und zu einer kleinen Zwischenbilanz der WM in Brasilien. 

The good – Was war positiv?

Die Fans

Bunt, farbenfroh, lautstark und friedlich – Bisher hat die WM alle Erwartungen an ein Fußballfest erfüllt. Die befürchteten Ausschreitungen sind ausgeblieben, die Stimmung in den Stadien scheint durchweg gut zu sein. Ach ja, und die Vuvuzelas fehlen mir überhaupt nicht. Schön, wenn man auch mal die Gesänge der Fangruppen hört, auch wenn die stimmgewaltigen Engländer leider schon nach Hause reisen mussten. Das auf und ab des Lautstärkepegels in den brasilianischen Arenen passt doch wesentlich besser zu Fußball, als das permanente Brummen während der WM-Spiele in Südafrika.

 

Tore und Torhüter

154 Tore in 56 Partien, im Schnitt 2,75 Treffer pro Spiel – treffen die Teams bei der WM in Brasilien weiterhin so gut, dann wird das Turnier die torreichste Weltmeisterschaft seit der Erhöhung auf 32 Teilnehmer. Dabei fielen die Treffer nicht bei Kantersiegen gegen klar unterlegene Mannschaften. Gab es in früheren Turnieren noch hohe Ergebnisse wie 8:0 oder 6:1, so sind die Spiele bei dieser WM auch durchweg ausgeglichener.

Viele Tore sprechen im Normalfall nicht für gute Torwartleistungen. Eigentlich. Trotzdem gab es bei dieser WM bereits einige überragende Torwartleistungen – Guillermo Ochoa gegen Brasilien, Keylor Navas gegen Italien, Manuel Neuer gegen Algerien und zuletzt die überragende Partie von Tim Howard im Spiel gegen Belgien. In den letzten drei Runden wird es noch mehr auf die Torhüter ankommen. Wer hält den Unhaltbaren in der regulären Spielzeit, oder wer wird zum Elfmeterkiller im Elfmeterschießen?

 

Freistoßspray und Torlinientechnik

Erst ein Kreis für den Ball, dann eine Linie für die Mauer. Schnell, sauber und diskussionslos. Dazu eine eindeutige Entscheidung bei strittigen Szenen durch die Torlinientechnik. Zwei Neuerungen die den Fußball einfacher und eindeutiger machen, ohne dass der Spielfluss behindert wird. Bitte sofort in allen weiteren Wettbewerben einführen!

 

The Bad – Was war nicht so gut?

Die europäischen Fußballnationen

England, Italien, Spanien – Alle in der Vorrunde raus. Was bei England eigentlich kaum noch überrascht, war bei den Spaniern und Italienern in dieser Form dagegen kaum zu erwarten. Vor allem den Spaniern wurde von vielen Experten eine Titelverteidigung zugetraut. Dazu schieden auch Kroatien, Bosnien, Portugal und Russland früh aus. Der europäische Fußball ist in der Breite nicht mehr so stark, wie früher. Da war allerdings auch schon vor vier Jahren der Fall. Auch damals standen “nur” sechs europäische Mannschaften in der K.O.-Runde. Für einen kompletten Abgesang ist es allerdings noch zu früh. Am Ende war das Finale der WM 2010 dennoch eine europäische Angelegenheit.

 

Schiedsrichterleistungen

Mit dem Freistoßspray und der Torlinientechnik haben die Schiedsrichter zwei neue Hilfsmittel an die Hand bekommen. Leider hat das aber nicht dazu geführt, dass die Schiedsrichterleistungen besser geworden sind. Was sich im Eröffnungsspiel angedeutet hatte, setzte sich in der weiteren Phase des Turniers fort. Mexiko wurden zwei Tore geklaut, Casillas wurde vor einem Gegentor gefoult, Holland bekam einen lächerlichen Elfmeter gegen sich gepfiffen, Portugal keinen gegen Deutschland, Dzeko stand bei einem Tor nicht im Abseits, Costa Rica bekam gegen Italien keinen Elfmeter, die Italiener dafür gegen Uruguay eine überzogene rote Karte – und das war nur ein Teil der Fehlentscheidungen aus der Vorrunde! Die FIFA sollte sich endlich dazu entschließen professionelle Schiedsrichter einzusetzen. Der Lobbyismus bei kleineren Verbänden darf nicht dazu führen, dass die WM durch Fehlentscheidungen beeinflusst wird.

 

Die Berichterstattung in der ARD und im ZDF

Eine Fußball-WM bietet viel Potenzial für Analysen rund um die Spiele. Wer spielt welche Taktik? Warum führte jener Angriff zum Tor? Welche Umstellungen könnten helfen? usw. usf.

Was bieten die Sender im Öffentlich-Rechtlichen den Zuschauern an? Magerkost und Boulevardthemen rund ums deutsche Team. Es ist mir vollkommen egal, ob die deutschen Spielerfrauen mit dem Helikopter eingeflogen wurden, oder mit einem Katapult über den Atlantik befördert wurden. Es interessiert mich nicht, ob Joachim Löw mit oder ohne Kopfhörer am Strand spazieren war. Diesen Bodensatz der Sportberichterstattung können doch all die Sender beackern, die keine Übertragungsrechte an den WM-Spielen haben.

Als Negativbeispiel sei hier mal die Berichterstattung nach dem Spiel Niederlande – Mexiko genannt. Es war ein sehr interessantes Spiel. Zwei vollkommen unterschiedliche Halbzeiten, Van Gaal stellt seine Taktik im Spiel um, und die Niederlande drehen in einer dramatischen Schlussphase die Partie. Was macht die ARD? Diskutiert über die vermeintliche Schwalbe von Arjen Robben, bewertet noch kurz, wie wichtig das Pinkeln von Klaas-Jan Huntelaar vor seiner Einwechslung war, und schaltet dann zum Sportschauclub nach Berlin. Tiefergehende Informationen? Fehlanzeige. Dazu der komplette Verzicht auf einen Co-Kommentator während der Spiele, der dem etatmäßigen Kommentator helfen könnte.

Zugegeben, ARD und ZDF bieten in ihren Mediatheken und Apps zusätzliche Informationen für den Zuschauer an. Aber warum nutzt man diese Informationen nicht auch in der normalen Berichterstattung?

 

The Ugly – Das hässliche Gesicht der WM

Luis und seine Freunde

Ugly enthält die Buchstaben U,G und Y. Zu Uruguay ist es damit nicht weit. Jetzt bin ich allerdings weit entfernt davon, Uruguay pauschal zu verurteilen. Zuallererst ist Luis Suarez zu verurteilen. Der Mann gehört in psychiatrische Behandlung. Bei sportradio360 wurde in einer der täglichen Sendungen die lustigste Statistik der WM genannt: “Es ist wahrscheinlicher von Suarez gebissen zu werden, als von einem Hai.” Weniger lustig war dagegen das Verhalten nach dem Spiel gegen Italien in Uruguay. In einer Art Verschwörungstheorie redeten sich Uruguayer ein, dass Suarez gar kein Übeltäter wäre und das Foul ein Versehen, die Sperre vollkommen unberechtigt, und die Fußballwelt insgesamt sich gegen “La Celeste[1]” verbündet hätte. Realitätsverlust beschreibt dieses Verhalten wohl ganz gut.


[1] Die Himmelblaue – Spitzname der Nationalmannschaft Uruguays

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