NHL Playoffs 2017 – Ottawa Senators vs. Boston Bruins
Der leichte Angstgegner?
Eine Serie zwischen Ottawa und Boston gab es in der Geschichte der NHL noch nie[1]. Alle vier Vergleiche in der regulären Saison gingen an die Senators, der letzte Anfang April nach Penaltyschießen. Das Torverhältnis lautete 12:6.
Defensiver und besser?
Bereits 2012 und 2015 konnte Erik Karlsson die Norris Trophy als bester Verteidiger der NHL gewinnen. Karlsson überzeugte in diesen Spielzeiten vor allem mit seinen offensiven Fähigkeiten. In der aktuellen Saison komplettierte der Schwede sein Spiel jedoch auch in der Defensive. 201 Torschüsse blockte Karlsson in 77 Spielen. Nur Kris Russell von den Edmonton Oilers nutzte seinen Körper öfter als Sperre vor dem eigenen Tor. Trotz des verstärkten Engagements in der Abwehr, war Karlsson mit 71 Punkten abermals Topscorer seines Teams.
Das zeigt allerdings auch ein Problem der Senators. Mit nur 212 Treffern ist Ottawa die Mannschaft in den Playoffs mit den wenigsten erzielten Toren. Einer der Gründe ist das schwache Powerplay mit einer Erfolgsquote von nur 17 %. Außerdem sind die Senators sehr von ihrer ersten Sturmreihe abhängig. Kyle Turris, Mike Hoffman und Mark Stone erzielten jeder mehr als 20 Tore in dieser Saison. Für Entlastung könnte ein Spieler sorgen, der bereits Erfahrungen in einer intensiven Serie gegen die Bruins gesammelt hat. Alex Burrows unterlag 2011 mit den Vancouver Canucks im Stanley Cup Finale gegen Boston. Seit dem Wechsel von der kanadischen Westküste in die Hauptstadt, konnte Burrows bisher elf Punkte in 20 Spielen sammeln. Vielleicht gelingt ihm jetzt die persönliche Revanche.
Besonderes Augenmerk liegt auch in den Playoffs auf Torhüter Craig Anderson. Da er immer wieder seine krebskranke Frau während ihrer Therapie unterstützte, fehlte der 35jährige den Senators in einigen Phasen. Trotz der belastenden privaten Situation waren die Zahlen von Anderson die besten seit 2013. 2,28 Tore ließ der Amerikaner zu, hielt 92,6 % aller Torschüsse und blieb in fünf Begegnungen ohne Gegentor. Anderson gilt als der große Favorit auf die Bill Masterton Memorial Trophy die an den Spieler verliehen wird, der in der abgelaufen Saison die meiste Ausdauer, Hingabe und den größten Sportsgeist für das Eishockey gezeigt hat. Doch nicht nur aus sentimentalen Gründen brauchen die Senators einen Torhüter in Topform. 79,7 % Unterzahlquote sind der schlechteste Wert der verbliebenen Teams in der Eastern Conference. Zudem fehlt eventuell Verteidiger Marc Methot nach dem Stockschlag von Sidney Crosby. Methot ist mit 20 Minuten Spielzeit ein wichtiger Spieler in der Abwehr der Senatoren.
Neuer Trainer – endlich Glück!
Die Bruins waren auch unter ihrem ehemaligen Trainer Claude Julien eines der besseren Teams der Liga. Der Corsi For-Wert von Boston, die Summe der Torschüsse auf und neben das gegnerische Gehäuse sowie der geblockten Versuche, war bereits vor dem Trainerwechsel der beste aller Playoffteams. Allerdings fehlte den Bären bis Anfang Februar noch das Abschlussglück. Seitdem Bruce Cassidy die Verantwortung für die Mannschaft übernommen hat, treffen die Bruins auch häufiger ins Tor. 18-8-1 lautet die Bilanz des neuen Trainers.
Bester Spieler der Vorrunde war Brad Marchand. Der 28jährige spielte die erfolgreichste Saison seiner Karriere, erzielte 39 Tore und gab 46 Vorlagen. Es schien so, als sei Marchand in seiner achten Spielzeit zum Führungsspieler gereift. Doch zwei Spieltage vor Ablauf der regulären Saison zeigt Marchand wieder seine verloren geglaubte dreckige Seite. Mit einem Stockstich streckte er Jake Dotchin von den Tampa Bay Lightning nieder, und handelte sich eine Sperre für die letzten beiden Saisonspiele ein. Nur mit Glück rutschten die Bruins nicht auf den achten Rang, der ein Duell mit dem großen Favoriten aus Washington bedeutet hätte.
Doch auch mit den Senators hat Boston in dieser Saison arge Probleme gehabt. Obwohl der Angriff mit 33,2 Schüssen die zweitmeisten nach den Penguins abgibt, reichte es gegen Ottawa in vier Spielen nur für sechs Tore. Umso wichtiger wäre es, wenn die Offensive der Bruins durch die Verteidigung unterstützt werden würde. Doch die blaue Linie ist längst nicht mehr so gut besetzt, wie noch in den Jahren 2011-2013. Aktuell bangt man in Massachusetts um Verteidiger Torey Krug. Der 25jährige ist immens wichtig für das Powerplay – 21,7% Erfolgsquote, Platz 7 der Liga – und fällt auf jeden Fall für das erste Spiel gegen Ottawa aus. Da auch Brandon Carlo wegen einer Verletzung nicht auflaufen kann, fehlen die Verteidiger mit den zweit- und drittmeisten Minuten. Das bedeutet, dass Zdeno Chara, der mittlerweile die 40 Jahre überschritten hat, auch in den Playoffs viel Spielzeit bekommen wird.
Abzuwarten bleibt auch, ob die Bruins ohne die verletzten Spieler eine ihrer großen Stärken bewahren können. Das Unterzahlspiel ist mit 85,7 % die beste Formation in dieser Kategorie in der National Hockey League. Außerdem zeigte Torhüter Tuuku Rask wieder eine gute Saison mit einer Fangquote von 91,5 % und einem Gegentorschnitt von 2,23. Vor allem die acht Spiele ohne Gegentreffer zeigen, dass Rask in der Lage ist, Spiele wenn nötig auch im Alleingang zu gewinnen. Finden die Bruins kein Mittel häufiger gegen die Senators zu treffen, dann muss Rask auch in der Endrunde überragend agieren.
Tipp: Keine Tore = Keine Siege. Ottawa ist in der Offensive zu schwach. Zwar gewannen die Senators in der regulären Saison alle vier Partien, aber außer für das Heimrecht ist das jetzt bedeutungslos. Schwächen sich die Bruins nicht selber (Marchand) dann reicht es gerade so für die zweite Runde. Boston in sechs Spielen.
[1] 1927 spielten die Bruins gegen die erste „originale“ Version der Senators
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