NHL Playoffs 2018 – Eastern Conference Final – Tampa Bay Lightning vs. Washington Capitals
Alte Bekannte oder unbekannte Weiten?
Wie konnten sie soweit kommen?
Die Tampa Bay Lightning benötigten in den bisherigen beiden Runden jeweils fünf Partien um die Serien gegen New Jersey und Boston für sich zu entscheiden. Gegen die Bruins lag Tampa erstmals zurück, konnte aber nach dem 2:6 zum Auftakt vier Begegnungen hintereinander gewinnen. Das 4:3 in Spiel vier n.V. war dabei vorentscheidend und gleichzeitig das erste Spiel, in dem die Bolts länger als die regulären 60 Minuten auf dem Eis stehen mussten.
Auf der Gegenseite brauchten die Capitals im Grunde 20 Jahre um endlich wieder in einem Conference Finale zu stehen. Nach vielen vergeblichen Anläufen schaffte es Washington 2018 zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte das Finale im Osten zu erreichen. Die Capitals haben zwei Spiele mehr absolviert als Pittsburgh, da sie die Serien gegen Columbus und Pittsburgh jeweils 4-2 gewannen. Dazu musste Washington in fünf Partien in die Verlängerung, einmal sogar in doppelte Overtime. Die Belastung für Washington ist damit etwas höher, als die für Tampa Bay. Aber die Capitals zeigten mit Siegen in den letzten drei Verlängerungen auch gute Nerven und die nötige Siegermentalität.
Wie gut kennen sich die Teams?
Tampa und Washington liefen sich in den NHL Playoffs 2003 und 2011 über den Weg. In beiden Vergleichen behielten die Bolts die Überhand, 2011 gelang sogar ein Sweep gegen Washington. Eine der Serien, die die Kritik an Alexander Ovechkin und seinen Mitspielern anwachsen ließ.
In der Hauptrunde gewann Tampa zwei von drei Spielen, eines davon aber erst nach Verlängerung. Das Torverhältnis war 9:8 für die Lightning.
Was wird wichtig?
Wie fokussiert sind die Washington Capitals, nachdem sie endlich ihren Erzfeind aus Pittsburgh besiegen konnten? Erstmals in der Ära Ovechkin und erstmals seit zwei Jahrzehnten stehen die Capitals in einem Conference Finale. Wie viel Treibstoff ist noch im Tank? Gegen Pittsburgh musste Washington die komplette Serie auf Andre Burakovsky verzichten und Nicklas Backstrom fehlte in Spiel sechs. Tom Wilson war dazu drei Partien gesperrt. Es wäre nur allzu verständlich, wenn die Erleichterung über den Triumph gegen Sidney Crosby zu einem Absinken der Konzentration führen würde. Auf der anderen Seite wissen die Capitals genau, dass so eine Chance vielleicht nie wieder kommen wird. Pittsburgh war nach den letzten Jahren müde und Evgeni Malkin fehlte teilweise verletzt. Nach einer langen Sommerpause und Zeit sich zu erholen, könnte der direkte Konkurrent aus der Metropolitan Division also wieder eine Nummer zu groß sein. Washington muss jetzt gewinnen, um die Kritiker ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen.
Die Summe der Kritiker ist in Tampa Bay sicherlich kleiner. Schließlich erreichten die Lightning in jetzt drei der letzten vier Spielzeiten die Finalserie im Osten. Allerdings hat Tampa mit seiner Finalteilnahme 2015 noch keinen zählbaren Erfolg vorzuweisen. In den vergangenen Jahren gelang es General Manager Steve Yzerman immer wieder mit guten Trades die Problem rund um die Erfüllung des Salary Caps zu lösen. Irgendwann wird aber auch Tampa der Fluch der guten Leistungen einholen, und der jetzige Kader wird zu teuer und nicht mehr zu halten. Deshalb gilt auch für die Lightning die Devise, gewinnen, solange die anderen (Pittsburgh, Boston, Toronto…) eine Schwächephase haben.
Tampa hat den tieferen Kader, egal ob die Offensive oder Defensive betrachtet wird. Die Lightning können vier Reihen aufs Eis schicken, die den Capitals Probleme bereiten. Dazu kommt, dass sich mit Chris Kunitz, Ryan Callahan oder auch Ryan McDonagh Spieler in der Mannschaft befinden, die bereits in der Vergangenheit für schlaflose Nächte in Washington sorgten. Tampa hat alles, um den Capitals das Leben schwer zu machen, und um die Serie für sich zu entscheiden. Das galt aber in Runde zwei vielleicht noch mehr für Pittsburgh.
Wer macht die Tore?
Beide Mannschaften sind offensiv sehr stark und liegen bei den erzielten Toren mit 3,5 (Tampa) und 3,58 (Washington) pro Partie nur minimal auseinander. Die Fans dürfen sich den Zahlen nach auf torreiche Finalspiele im Osten freuen.
Bester Torjäger der Lightning ist Nikita Kucherov mit sechs Treffern. Brayden Point, Ondrej Palat und Alex Killorn haben jeweils vier Tore erzielt. Dahinter folgen weitere drei Spieler mit drei Treffern, darunter Steven Stamkos. Der Kapitän erzielte mit dem 3:3 in Spiel vier vielleicht eines der wichtigsten Tore gegen die Bruins. Tampa hatte 13 unterschiedliche Torschützen, darunter auch drei Verteidiger. Allerdings wartet Victor Hedman noch immer auf sein erstes Tor in der Endrunde 2018. Wie schon gegen Boston wird es wichtig, dass nicht nur eine Reihe punktet, sondern dass die Bolts von vielen verschiedenen Spielern offensive Beiträge bekommen.
Wieder einmal spielt Alex Ovechkin sehr gute Playoffs. Acht Tore und 15 Punkte hat der Kapitän der Capitals bisher gesammelt, und liegt damit etwas über seinem Karriereschnitt in den Playoffs. Interessiert haben diese Zahlen aber in früheren Jahren viele Experten nicht. Erst durch den Sieg gegen Pittsburgh bekommen auch die Leistungen von Ovechkin die verdiente Würdigung. Vorteil ist in diesem Jahr, dass Evgeny Kuznetsov (7) und T.J. Oshie (5) „The great eight“ mit ihren Toren unterstützen. Doch nicht nur die Topreihen der Capitals können treffen. Insgesamt 15 verschiedene Spieler erzielten in diesen Playoffs bisher ein Tor für Washington. Verteidiger John Carlson kühlte zwar nach neun Punkten in Runde eins etwas ab, traf dafür aber doppelt gegen die Pinguine. Vor allem in Überzahl ist der 28-jährige Amerikaner bisher kaum zu stoppen. Zehn seiner elf Punkte wurden bei einem Spieler mehr auf dem Eis gutgeschrieben.
Wer hält die Pucks?
In der regulären Saison waren die Leistungen von Andrei Vasilevskiy schwankend. Dem überragenden November und Dezember stand ein furchtbarer März gegenüber. Die anderen Monate lagen zwischen diesen beiden Extremen. In der Serie gegen Boston war Vasilevskiy wieder Licht und Schatten. Dem „dunklen“ 2:6 in Spiele eins standen je nur ein Gegentor in der dritten und fünften Partie gegenüber. Die Frage ist, ob sich der 23-jährige nur an die höhere Qualität der Stürmer von Boston im Vergleich zu denen von New Jersey gewöhnen musste, oder ob wieder der Trend in Richtung Formkrise zu erkennen ist. 90,9 % Fangquote und ein Gegentorschnitt von 2,38 gegen die Bruins sind zumindest ein Alarmsignal.
Spiel eins gegen die Penguins war wie ein Déjà-vu für Braden Holtby und die Capitals. Gut gespielt, aber trotzdem eine 2:0-Führung verspielt, und am Ende verloren. Doch je länger die Serie gegen Pittsburgh dauerte, umso besser agierte Braden Holtby. Der 28-jährige ließ sich in Spiel fünf auch von mehreren Überzahltoren durch Pittsburgh nicht aus der Ruhe bringen, und hielt in der entscheidenden sechsten Partie seine Mannschaft so lange im Spiel, bis den Mitspielern ein offensiver Geistesblitz einfiel. Mit einem Gegentorschnitt von 2,02 und einer Fangquote von 92,6 % ist Holtby definitiv einer der überragenden Torhüter dieser Playoffs. Im Gegensatz zu seinem Gegenüber in den Eastern Conference Finals entwickelten sich seine Kennzahlen von Runde eins zu zwei außerdem positiv.
Obwohl Washington durch die fünf Spiele mit Verlängerung deutlich mehr Spielzeit hatte, als Tampa, ließen die Capitals mit 30,1 Torschüssen etwas weniger zu, als Tampa mit 30,4.
Überzahl oder Unterzahl?
Tampa Bay kassierte gegen Boston in fünf Spielen auch fünf Gegentore in Unterzahl, traf aber seinerseits in jeder der Partien einmal bei eigener Überzahl. Die Powerplayquote von Tampa liegt aktuell bei 26,3 %, Platz vier in den Playoffs. Weiterhin ein Problem ist das Unterzahlspiel, wo nach nur 76,1 % Erfolgsquote in der Vorrunde der Wert in der Endrunde sogar noch auf 74,2 % sank.
Die Capitals stellen nach den Bruins mit 31 % das beste Überzahlspiel der Liga. Von den vier Spielen gegen Pittsburgh, in denen die Capitals je ein Powerplaytor erzielten, gewann die Mannschaft aus der Hauptstadt auch drei Partien. In Unterzahl agiert Washington ebenfalls nicht überragend – 79,1 % Penalty Killing, Platz 8 – aber die Pinguine konnten in der Hälfte der Spiele kein Tor mit einem Spieler mehr auf dem Eis erzielen.
147 Strafminuten der Bolts sind der Spitzenwert der NHL in den Playoffs. Allerdings sammelten die Lightning diese Strafminuten vor allem in Runde eins und durch Disziplinarstrafen. Bei den kleinen Strafzeiten liegen die Capitals vorne, die 48 Zweiminutenstrafen kassierten – nur Nashville hat eine mehr. Tampa lag hier mit 40 kleinen Strafen auf Platz zehn.
Zuhause oder Auswärts?
Gegen New Jersey hatte Tampa Bay noch alle drei Heimspiele gewonnen, aber gegen Boston folgte direkt die erste Niederlage in der Amelie Arena. Dennoch zeigten die Lightning die richtige Reaktion und gewannen die beiden anderen Partien zuhause gegen Boston. Auswärts steht bei vier Spielen bisher nur eine Niederlage zu buche. Durch die vier gut besetzten Reihen ist es Tampa egal, ob die Spiele zuhause mit dem letzten Wechsel, oder auswärts mit etwas schlechteren Vorzeichen stattfinden.
Die Capitals sind ein wenig das Gegenteil der Lightning. Sowohl gegen Columbus, als auch gegen Pittsburgh verlor Washington das erste Heimspiele (gegen die Blue Jackets sogar beide). Die Bilanz in der heimischen Capitol One Arena ist mit 3-3 bisher nur ausgeglichen. Auswärts sind die Capitals dagegen deutlich besser unterwegs. Lediglich Spiel vier in Pittsburgh wurde verloren, alle weiteren fünf Spiele auf fremdem Eis konnten gewonnen werden. Damit könnten die beiden Auswärtsspiele zu Beginn der Conference Finals sogar ein Vorteil für die Hauptstädter sein. Der Druck liegt erst einmal bei den Lightning.
Wer gibt die Anweisungen?
Wie im Division Final gegen Mike Sullivan und die Penguins, so ist Barry Trotz auch im Vergleich mit Jon Cooper von den Tampa Bay Lightning der unerfahrenere Trainer. Wie sollte es auch anders sein, schließlich hat Cooper in den letzten Jahren deutlich mehr Erfolg mit seiner Mannschaft gehabt, obwohl sich Tampa 2016/17 gar nicht für die Playoffs qualifizieren konnte. Werden die Coaches allerdings nach der reinen Anzahl der Playoffspiele beurteilt, so ist Trotz mit 101 zu 57 Spielen der erfahrenere Übungsleiter.
Beide Trainer zeigten in der zweiten Runde, dass sie über die notwendigen taktischen Ideen verfügen, um anderen sehr guten Mannschaften ihre Möglichkeiten zur Entfaltung zu nehmen. Cooper schränkte die Wirkungskreise der Topreihe Pastrnak – Bergeron – Marchand gegen Boston vor allem bei fünf gegen fünf entscheiden ein. Trotz wiederum verordnete seiner dezimierten Mannschaft in Spiel sechs einen komplett defensiven Stil, der nur darauf ausgerichtet war, den zweifachen Titelverteidiger offensiv zu stoppen. Die gegenseitigen Herausforderungen in dieser Finalserie werden ähnlich ansprechend. Trotz darf sich erneut nicht nur auf eine Reihe konzentrieren, währen sich Cooper Gedanken machen muss, wie er den besten Torjäger dieser Generation am Tore schießen hindern kann.
Wie geht es aus?
Genau wie im Vergleich mit den Penguins, spricht vieles in dieser Serie gegen die Capitals. Einzig die Torhüterposition und die Special Teams lassen einen möglichen Vorteil für Washington erkennen. Tampa hat den besten verbliebenen Kader in diesen Playoffs. Allerdings wirkt es manchmal noch so, als könnten die Lightning diesen Vorteil nicht über ein komplettes Spiel nutzen. Dazu steht hinter Andrei Vasilevskiy ein (noch) kleines Fragezeichen. Wir entscheiden uns für das bessere Team in der Hauptrunde, aber auch gegen Pittsburgh war Washington eher der Außenseiter. Es wird hoffentlich eine spannende und hochklassige Serie. Tampa Bay siegt in sieben Spielen.
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