NHL Playoffs 2018 – Western Conference Final – Winnipeg Jets vs. Vegas Golden Knights
Alles neu im Westen
Wie konnten sie soweit kommen?
Die Winnipeg Jets setzen sich in der ersten Runde schnell und deutlich gegen die Minnesota Wild in fünf Spielen durch. Dann folgte der Vergleich der beiden besten Mannschaften der NHL. Gegen die Nashville Predators verspielten die Jets eine 3-2 Führung zuhause, gewannen dann aber die entscheidende siebte Begegnung in Nashville mit 5:1.
Las Vegas sweepte sich in der ersten Runde durch die LA Kings. Im Vergleich mit den San Jose Sharks verloren die Golden Knights immerhin auch je einmal zuhause und auswärts, aber letztlich war der Erfolg in sechs Spielen wieder hochverdient.
Wie gut kennen sich die Teams?
Die Winnipeg jetzt in der jetzigen Form spielen seit 2013 in der Western Conference (die Franchise kam aus Atlanta). Die Vegas Golden Knights nehmen erst seit letztem Herbst am Spielbetrieb teil. Dementsprechend gab es noch keinen Vergleich dieser Teams in der Endrunde. Außerdem ist diese Finalserie der erste Vergleich zwischen zwei kompletten Neulingen im Western Conference Final seit der Serie zwischen den Anaheim Ducks und Minnesota Wild 2003.
Von den drei Vergleichen in der Hauptrunde gewannen die Golden Knights zwei, ein Spiel dabei nach Verlängerung. Das Torverhältnis sprach mit 12:11 leicht für die Golden Knights.
Was wird wichtig?
Schnell, schneller, Vegas. Der Spielstil der Golden Knights ist aufregend und temporeich. Bei der Zusammenstellung des Kaders im Expansion Draft achtete General Manager George McPhee darauf Spieler auszuwählen, die zu dieser Art Eishockey passen. Die Knights überfallen die gegnerischen Teams regelrecht, und nutzen die Unordnung in deren Defensive für Chancen und Tore. Dabei sind es keineswegs nur Abpraller auf die Vegas aus ist. Oft ist der Abschluss das Ende einer Kette von genauen Pässen und kein Zufallsprodukt. Hat der Gegner im eigenen Drittel den Puck, dann ist das Forechecking von Las Vegas immer präsent. Unfassbare 45,5 Checks pro Spiel sind ein Beleg dafür, dass die Knight den Verteidigern der anderen Teams kaum Luft zum Atmen lassen (Platz zwei hintern LA Kings, Winnipeg liegt mit 26,3 Hits auf Platz 14 der Playoffs).
Vieles wurde bei den Golden Knights unterschätzt, aber am meisten wohl die Defensive. Natürlich sind die starken Leistungen von Marc-André Fleury (s.u.) die Basis für die wenigen Gegentore. Aber auch die Verteidiger der Golden Knights müssen keinen Vergleich mit anderen Teams scheuen. Zum einen unterstützen Nate Schmidt oder Shea Theodore den Angriff mit ihren schnellen Aufbaupässen, zum anderen stehen die Verteidigerpaare aber vor allem sehr sicher im eigenen Drittel und begehen wenige bis gar keine Fehler. Einfach Torchancen gegen die Golden Knights zu kreieren wird eine der Herausforderungen für Winnipeg.
Bei der Gegenüberstellung der Mannschaften fällt auf, dass die Knight und Jets ähnlich tief und gut besetzt sind, aber Winnipeg einen Vorteil bei den „Superstars“ haben könnte. Patrick Laine ist mit gerade einmal 20 Jahren bereits einer der besten Torjäger der gesamten Liga. Kyle Connor erzielte in seiner zweiten Spielzeit ebenfalls mehr als 30 Tore. Kapitän Blake Wheeler ist einer der besten Scorer der Liga. Mark Scheifele ist bisher der treffsicherste Spieler der Playoffs s.u.).
In der Kategorie Checks können die Jets vielleicht nicht quantitativ mit den Golden Knights mithalten, aber speziell ein Dustin Byfuglien kann mit einem einzigen Check eine ganze Arena elektrisieren oder schockieren, je nachdem ob das Spiel zuhause oder auswärts stattfindet. Winnipeg hat eine gute Mannschaft aber trotzdem Spieler, die in einem Moment ein Spiel oder eine Serie entscheiden können.
Wer macht die Tore?
Würde zum aktuellen Zeitpunkt eine Trophäe für den wertvollsten Spieler der Playoffs vergeben werden, Mark Scheifele wäre einer der heißesten Kandidaten auf diese Auszeichnung. Der 25-jährige führt die NHL mit elf Toren in zwölf Spielen in der Endrunde an. Neben Scheifele zeigte auch die große Verpflichtung der Trade Deadline, wie wichtig der Wechsel von Paul Stastny nach Kanada war. Der Center sammelte gegen die Predators zehn Punkte und erzielte dabei fünf Tore. Immer wenn Stastny traf, gewann Winnipeg das Spiel. Byfuglien und Brandon Tanev konnten bis jetzt vier Tore erzielen. Insgesamt trafen 14 Jets in den ersten beiden Runden.
Vegas hat keinen einzelnen überragenden Akteur, sondern lebt auch offensiv von mannschaftlicher Geschlossenheit. Jonathan Marchessault, William Karlsson und Alex Tuch waren die erfolgreichsten Spieler mit je vier Toren. James Neal, Erik Haula und Cody Eakin konnten sich bisher drei Treffer gutschreiben lassen. Elf Spieler der Knights trafen, vier davon waren Verteidiger.
Wer hält die Pucks?
Jede Herausforderung, vor die Connor Hellebuyck in dieser Spielzeit gestellt wird, meistert der Amerikaner früher oder später mit Bravour. Im direkten Duell gegen Pekka Rinne setzte sich am Ende Hellebuyck durch, obwohl er auch gegen Nashville Schwächen zeigte. In Spiel drei erholte sich der 24-jährige von drei Gegentoren im ersten Drittel und hielt am Ende das wichtige 7:4 fest. Die Fangquote von 92,7 % und der Gegentorschnitt von 2,25 sind weiterhin gut. Mit den Predators hat Winnipeg die scheinbar größte Hürde bereits übersprungen. Allerdings könnte der Vergleich mit Fleury für Connor Hellebuyck schwieriger werden, als die bisherigen gegnerischen Torhüter. Fallen weniger Tore als gegen Nashville, dann muss Hellebuyck seine Leistung noch steigern.
Aufgrund der Niederlage der Pittsburgh Penguins gegen die Washington Capitals ist Marc-André Fleury einer von zwei verbliebenen Spielern, die im dritten Jahr hintereinander den Stanley Cup gewinnen können. Im Gegensatz zu Chris Kunitz von den Lightning spielt Fleury aber keine Nebenrolle, sondern ist einer der Hauptgründe für die magische erste Spielzeit der Vegas Golden Knights. Auch gegen die Sharks war Fleury ein sicherer Rückhalt. Zwar erreichte er nicht ganz die sensationellen Werte aus der Auftaktrunde, aber eine Fangquote von 93,5 % und 2,14 Gegentore pro Partie sind immer noch sehr gut. Zudem blieb Fleury im wichtigen ersten und im abschließenden sechsten Spiel komplett ohne Gegentor. Einzig der Faktor Kondition und Verletzungsanfälligkeit scheint Fleury aktuell stoppen zu können. Aber durch die wenigen Spiele in der Hauptrunde wirkt der 33-jährige noch immer frisch.
Überzahl oder Unterzahl?
Kaum verwunderlich, haben die Jets das bessere Powerplay. Genau in jeder vierten Überzahl erzielte Winnipeg bisher ein Tor. Die Golden Knights haben zwar nach den Los Angeles Kings das zweitbeste Unterzahlspiel in diesen Playoffs mit 85 %, aber Vegas sitzt auch sehr häufig auf der Strafbank. 45 kleine Strafen kassierten die Golden Knights bisher in nur zehn Spielen, Winnipeg liegt aktuell bei 36 in zwölf Partien. Zu häufig dürfen sich die Ritter nicht undiszipliniert zeigen, ansonsten könnte das Powerplay von Winnipeg die Serie stark beeinflussen.
Anders herum ist Vegas in Überzahl eher Mittelmaß. Die 17,5 % (10.Platz) in der Endrunde bis hierhin könnten aber ebenfalls verbessert werden, denn Winnipeg hat mit 74,1 % zusammen mit den Lightning das schlechteste Unterzahlspiel der noch verbliebenen vier Mannschaften.
Zuhause oder Auswärts?
Die Heimspiele im Bell MTS Place sind weiterhin ein Erlebnis. „Ganz in weiß“, aber überhaupt nicht schlagermäßig, sondern vielmehr rockig sorgen die Fans in Winnipeg für einen echten Heimvorteil. Allerdings half auch der den Jets in Spiel sechs nicht, als sie überraschend deutlich das Weiterkommen erst einmal verpassten.
Ähnlich laut, aber eher gold-schwarz geht es in der T-Mobile Arena neben dem Strip in Vegas zu. Auch die Knights spielen immer vor einer tollen Kulisse, und der Hype um die Mannschaft nimmt mit jedem Erfolg weiter zu.
Echte Unterschiede lassen sich aus den Bilanzen nicht erkennen, denn beide Teams gewannen jeweils vier Spiele zuhause und auswärts.
Bemerkenswert ist, dass die Vegas Golden Knights erstmals eine Serie auswärts beginnen müssen. Weniger Druck könnte ein Vorteil sein, aber der Schwung und die Unterstützung der lautstarken Kulisse fehlen zuerst einmal. Außerdem kann Gerard Gallant nicht als letzter Trainer wechseln, und muss deshalb vorrauschender agieren, als bisher.
Wer gibt die Anweisungen?
Nachdem er 2002 mit den Carolina Hurricanes im Finale an den Detroit Red Wings scheiterte, steht Paul Maurice ganz nah vor seinem zweiten Einzug in ein Stanley Cup Final. Obwohl auf dem Papier eher Peter Laviolette favorisiert war, gelang es Maurice seinem Team den Weg in die dritte Runde zu ebnen. Dabei konnten die Jets drei Spiele in Nashville gewinnen, was mit Sicherheit einer der aktuell schwierigsten Aufgaben in der NHL sein dürfte. Gegen Vegas sind die Winnipeg Jets jetzt wieder Favorit. Mittlerweile lastet auch der komplette Druck Kanadas auf den Jets, schließlich wartet das Mutterland des Eishockeys seit 1993 auf eine Meisterschaft. Maurice muss die Erwartungen und den Druck auf sein Team jetzt entsprechend in Leistung kanalisieren.
Wie groß der Anteil von Gerard Gallant am Erfolg der Golden Knights in der ersten Saison ist, lässt sich weiterhin schwer einschätzen. Das Western Conference Final soll aber nicht die Endstation für die goldenen Ritter sein. Die Serie gegen Winnipeg dürfte die schwierigste in den Playoffs werden. Die Jets sind defensiv ähnlich gut wie Los Angeles und San Jose, haben aber eine mit Abstand besser besetzte Offensive. Was kann Gallant der Physis und auch dem Tempo der Jets entgegensetzen, und wie kommen die Knights selbst zum Abschluss? Gegen San Jose reagierte Gallant sehr gut auf Niederlagen oder Rückstände. Kann ihm das auch z.B. bei einem Rückstand von 0-2 nach zwei Spielen in Winnipeg gelingen? Ist der fehlende Heimvorteil in Spiel eins vielleicht direkt der Knackpunkt für die Serie?
Wie geht es aus?
Geschwindigkeit und Physis gegen Geschwindigkeit und einen überragenden Torhüter. Große Unterschiede sind in dieser Serie erneut nicht festzustellen, aber viele kleine Punkte sprechen für Winnipeg. Zudem haben die Golden Knights bisher selbst Abschlussglück gehabt, und bei Stangentreffern vom Pech der gegnerischen Teams profitiert. Die Jets können auch größere Rückstände schnell wieder ausgleichen und erspielen sich nach einem Pfosten- und Lattentreffer die nächste Chance. Der Heimvorteil, der gegen LA und San Jose noch für die Golden Knights sprach, ist in dieser Serie nicht vorhanden. Die Geschichte von Vegas ist historisch, aber sie endet gegen das letzte kanadische Team in diesen Playoffs. Scheifele und Stastny sind zu viel Feuerpower, dazu könnte Patrick Laine jederzeit sein Abschlussglück wiederfinden. Winnipeg siegt in sieben Spielen.
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