Verletzungen, Gerüchte, Wechsel – Die NHL vor der Trade Deadline am Montag
Stan Bowman hatte sich auf eine ruhige Trade Deadline eingestellt. Dem General Manager der Chicago Blackhawks waren sowieso die Hände gebunden. Der Meister von 2010 und 2013 lag bei den Spielergehältern so nah an der Obergrenze die jedem Team der NHL zur Verfügung steht, dass ein Trade nur schwer zu realisieren gewesen wäre. Außerdem haben die Hawks einen hervorragenden Kader. Auch wenn die Mannschaft im Moment nur Platz drei in der Central Division belegt, die Qualifikation für die Playoffs sollte kein Problem sein.
Doch als Alex Petrovic von den Florida Panthers Patrick Kane im Spiel am Dienstag in die Bande checkte, da veränderte sich die Situation der Blackhawks komplett. Kane brach sich sein linkes Schlüsselbein, wurde gestern bereits erfolgreich operiert, und könnte seiner Mannschaft bis in die erste Runde der Playoffs fehlen.
Da Patrick Kane längerfristig ausfällt, darf Chicago für den Gegenwert seines Gehalts andere Spieler in den Kader aufnehmen[1]. Damit stehen Bowman plötzlich 6,3 Millionen Dollar zur Verfügung, die er theoretisch dazu nutzen kann, um Spieler durch Trades nach Chicago zu holen. Plötzlich sind die Blackhawks also doch ein Akteur auf dem hektischen Spielermarkt vor der Trade Deadline.
Gerüchte um Seidenberg in Boston
Natürlich wechseln auch während der Saison permanent Spieler zwischen den Clubs der NHL hin und her, aber die Aktivität vor der Trade Deadline ist in der Regel noch einmal höher. Das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Neben den Blackhawks könnte ein weiterer Meister der letzten Jahre durch die Verletzung eines Spielers mehr Handlungsspielraum bekommen.
Die Boston Bruins, die 2013 gegen Chicago im Finale verloren, haben mit David Krejci ebenfalls einen verletzten Spieler in ihren Reihen. Der Center hat sich sein Kreuzband im linken Knie angerissen, und fällt 4-6 Wochen aus. Der Tscheche verdient mehr als 5 Millionen Dollar im Jahr. Geld, das Manager Peter Chiarelli nutzen könnte, um den Kader noch einmal zu verstärken.
Im Gegensatz zu den Blackhawks haben die Bruins aber noch ein sportliches Problem. Stand 26.02. liegt Boston gerade einmal zwei Punkte vor den Panthers auf dem letzten Wildcardplatz in der Atlantic Division. Das Risiko, wertvolle Draftpicks und Nachwuchsspieler abzugeben, um am Ende dann nicht einmal die Playoffs zu erreichen, ist für die “Braunbären” durchaus präsent.
Die Gerüchte um Dennis Seidenberg können aber eher in das Reich der Märchen eingeordnet werden. In einigen Sportradios in Boston wurde darüber spekuliert, ob der deutsche Verteidiger im Tausch an einen anderen Club abgegeben werden könnte. Doch Seidenberg fühlt sich in Boston sehr wohl. Der Schwenninger hat gerade für seine Familie eine Wohnung renovieren lassen, besitzt noch drei Jahre Vertrag über diese Saison hinaus, und hat vor allem eine “No-Trade-Clause” in seinem Arbeitspapier festgeschrieben. Ein Wechsel wäre also nur mit der Zustimmung von Seidenberg möglich – sehr unwahrscheinlich also.
Ausverkauf in Toronto
Ganz anders dagegen die Lage in Toronto. Die Maple Leafs befinden sich seit der Entlassung von Trainer Randy Carlyle, Anfang des Jahres, im freien Fall. Nur drei von 19 Spielen konnten die Ahornblätter seitdem gewinnen, die Playoffs finden auf jeden Fall ohne Toronto statt. Dementsprechend sind die Leafs auf jeden Fall eines der Teams, die Veteranen und Spieler mit auslaufenden Verträgen abgeben wollen.
Die beiden Verteidiger Cody Franson und Mike Santorelli wurden am 15. Februar nach Nashville abgegeben[2]. Gestern wechselte dann Flügelstürmer Daniel Winnik für Leftwing Zach Sill und zwei Draftpicks nach Pittsburgh[3]. Sogar der Tausch von Starstürmer Phil Kessel wurde in den letzten Wochen immer wieder ins Gespräch gebracht. Dazu steht Kapitän Dion Phaneuf seit Jahren häufig in der Kritik. In Toronto ist scheinbar alles möglich.
Einen Profiteur des Umbruchs in den kanadischen Metropole gibt es auf jeden Fall. Da immer weniger erfahrene Spieler im Kader der Leafs stehen, erhöht sich die Spielzeit für den deutschen Korbinian Holzer seit Wochen.
Jagr nach Pittsburgh, oder gegen Pittsburgh in den Playoffs?
Auch ein ganz großer Name des Eishockeys ist Teil der Spekulationen vor der Trade Deadline. Jaromir Jagr, mittlerweile 43 Jahre alt und auf Platz fünf der ewigen Scorerliste der NHL, wird mit den New Jersey Devils ebenfalls die Playoffs verpassen. Der Tscheche würde gerne noch einmal den Stanley Cup gewinnen.
Bessere Voraussetzungen dazu gäbe es bei seinem alten Verein in Pittsburgh. Die Penguins könnten Jagr gut gebrauchen, schließlich besteht die Offensive während der regulären Saison oft nur aus Sidney Crosby und Evgeni Malkin. Und in den letztjährigen Playoffs tauchte sogar der kanadische Superstar ab.
Oder wechselt Jagr ausgerechnet zu Crosbys Erzrivalen nach Washington? Der flinkste ist Jagr nicht mehr, aber im Überzahlspiel hat er durchaus noch Potenzial. Ein Powerplay mit Alexander Ovechkin und Jagr dürfte so manchem Torwart schlaflose Nächte bereiten. Und die Rivalität zwischen Pittsburgh und der Hauptstadt würde in ungeahnte Höhen steigen.
Wer ist Käufer und wer ist Verkäufer?
Ein Problem für viele General Manager ist, dass es nicht viele Teams gibt, die bereits komplett aus dem Playoffrennen ausgeschieden sind. Boston, Florida, Philadelphia und Ottawa prügeln sich im Osten um einen Wildcardplatz. In der Western Conference bleiben zwei Plätze für Winnipeg, Calgary, San Jose, Minnesota und dem Titelverteidiger aus Los Angeles. Dementsprechend dünn ist der Spielermarkt aktuell.
Neben Toronto sind es im Osten Buffalo(Chris Stewart), Carolina(Eric & Jordan Staal) und Columbus(James Wisniewski) Verkäufer. Im Westen sind lediglich Arizona(Antoine Vermette, Keith Yandle) und Edmonton(Jordan Eberle, Jeff Petry) eindeutig zu den Teams zu zählen, die ältere Spieler und kommende Free Agents abgeben wollen. Macht auf dem Papier nur fünf Verkäufer für 25 Interessenten.
Dazu kommen dann noch Spieler wie Verteidiger Mike Green, der zwar mit den Capitals in den Playoffs spielen würde, dessen Kontrakt aber auch im Sommer ausläuft.
Viele Variablen und durchaus die Chance darauf, dass die Trade Deadline der NHL ähnlich ereignisreich wird, wie die Deadline der NBA in der letzten Woche.
[1] Kane wurde als Long Term Injury Reserve, LTIR eingestuft. Das Gehalt von Spielern, die auf dieser Liste landen, zählt nicht zum Salary Cap. In den Playoffs darf der Spieler dann wieder in den Kader zurückkehren, da der Salary Cap nach Ende der regulären Saison praktisch aufgehoben ist.
[2] Im Gegenzug erhielten die Leafs Olli Jokinen, Brendan Leipsic und den Erstrundenpick der Predators im diesjährigen Draft
[3] Viertrundenpick 2015, Zweitrundenpick 2016
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