Vom Dunker zum Schützen – Die Wandlung des Blake Griffin
Im letzten Daily von Sportradio360 hatte ich Blake Griffin bereits als eine positive Überraschung der bisherigen NBA-Saison genannt. Zum Ende der letzten Saison hatten Griffin und sein neues Team noch einige Probleme. Dieses Jahr gehören die Pistons mit einer aktuellen Bilanz von 13 Siegen und neun Niederlagen ebenfalls zu den Überraschungen der Liga. Doch Griffin ist nicht mehr die Dunking-Sensation seiner ersten Profijahre. Aus dem Überflieger in “Lob City” ist ein kompletter Spieler geworden.
Zuverlässig aber eingeschränkt
Als Blake Griffin wegen einer gebrochenen Kniescheibe seine eigentliche Rookie-Saison verpasste, wurde bereits davon gesprochen, dass auch er Opfer eines ominösen Fluchs, der über den Los Angeles Clippers hing, geworden war. Doch Griffin spielte eine sehr überzeugende Prämierensaison und war auch in den ersten Profijahren sehr zuverlässig. Seine vielleicht beste Saison war 2013/14. Griffin führte die Clippers mit 24,1 Punkten und 9,5 Rebounds im Schnitt zu einer Bilanz von 57 zu 25. Bei der anschließenden Wahl zum MVP wurde der Power Forward Dritter hinter LeBron James und Kevin Durant.
Das Spiel von Griffin war zu diesem Zeitpunkt sehr von der Nähe zum Korb geprägt. Acht seiner 17 Würfe pro Partie erfolgten in der Restricted Zone knapp einen Meter um den Korb herum. 176 Dunkings knallte Griffin in der Spielzeit 2013/14 durch den Ring. Das erklärt auch, warum er eine sensationelle Quote direkt am Brett besaß. Starke 74,3 % aller Würfe zwischen 0-3 Fuß waren erfolgreich.
Allerdings beweisen diese Statistiken auch, wie eindimensional das Spiel von Griffin war, und wie sehr er von seiner Athletik lebte. Sobald Griffin sich etwas weiter vom Korb entfernte, waren seine Aktionen weit weniger effizient. Vor allem war die Wurfauswahl auch wenig optimiert. Der lange Zweipunktewurf ist einer der schlechtesten Würfe im Basketball, Blake Griffin versuchte in seiner vierten Spielzeit aber 5,8 dieser Würfe pro Spiel. Der Dreipunktwurf war damals noch gar keine Waffe im Arsenal von Griffin.
Dazu konnte Griffin sich alleine nur sehr schwer gegen Verteidiger durchsetzen. 64 % seiner Würfe wurden von einem Mitspieler per Zuspiel vorbereitet. Griffin wurde oft nur angespielt, wenn er bereits eine vielversprechende Position auf dem Spielfeld bezogen hatte. Lob – Dunking – Punkte. Und schließlich hatte Blake die Freiwurfquote eines Centers – nur 52,1% waren es im zweiten NBA-Jahr. Wenigstens diese Schwäche konnte er frühzeitig eliminieren. 2013/14 waren es bereits über 70 % von hinter der Freiwurflinie.
Verletzungen nehmen die Explosivität
Ab der Saison 2014/15 hatte Blake Griffin zunehmend mit Verletzungsproblemen zu kämpfen. Hatte er in den ersten vier Spielzeiten noch 308 von 312 Spielen absolvieren können, so fehlte er in den folgenden vier Jahren in einem Drittel aller Spiele.
Fehlende Physis war gleichbedeutend mit fehlender Durchsetzungskraft. Statt die Gegenspieler mit seiner Athletik teilweise zu überspringen, rettete sich Griffin immer häufiger in einen Wurf aus der Mitteldistanz. Von über 40 % aller Wurfversuche sank die Anzahl der Würfe in Korbnähe auf teilweise unter 30 %. Griffin verlegte sich immer mehr auf Würfe zwischen 16 und 23 Fuß. Statt mit zunehmender Erfahrung auf gute Würfe zu setzen, wurde die Auswahl von Griffin immer schlechter.
Neben der Verschlechterung der Wurfauswahl gingen auch die Reboundzahlen in den Keller. Hatte sich der 2,08m große Griffin in seinen ersten Jahren noch eine zweistellige Anzahl an Abprallern gesichert, waren es 2014/15 nur noch 7,6 Rebounds pro Partie.
Der neue Blake Griffin
Erst 2016 begann Blake langsam damit, sein Spiel zu erweitern. Die Zahl der langen Zweier reduzierte sich merklich, dafür versuchte er sich erstmals in seiner Karriere regelmäßig an Dreipunktewürfen. Immerhin 113 Versuche waren es 2016/17 bei einer Trefferquote von 33,6 %. Die Verwandlung von Griffin hatte begonnen.
Endgültig abgeschlossen ist diese Metamorphose scheinbar in der neuen Spielzeit 2018/19. Im Vorjahr hatte Griffin bereits erstmals prozentual mehr Dreipunktwürfe genommen als lange Zweier oder Würfe in Korbnähe (32,3 3FG/10,9% LONG2FG/ 28,4% RA). Heuer setzt sich die Entwicklung fort. Mehr als ein Drittel der Versuche erfolgen mittlerweile von jenseits der Dreierlinie. Auch die Trefferquote konnte Griffin von den erwähnten 33,6 % auf 34,5 % und bisher auf 36,2 % in den ersten 22 Spielen steigern. Und auch die Frequenz hat deutlich zugenommen. Hält Griffin den aktuellen Schnitt über die komplette Spielzeit, dann stünden am Ende mehr als 500 Dreipunktewürfe. Sein persönlicher Rekord steht bei 322.
Und obwohl Blake mit Andre Drummond erneut einen der besten Rebounder der Liga neben sich in der Mannschaft hat – bei den Clippers war es DeAndre Jordan – pflückt sich Griffin aktuell wieder 9,1 Abpraller pro Spiel. Dazu ist er unabhängiger von seinen Mitspielern geworden. Bisher ging Griffin fast so häufig ins 1 gegen 1 (16,2 % Isolation Plays) wie Kevin Durant (16,7).
Bleibt Blake Griffin gesund, dann könnte die Spielzeit 2018/19 seine persönlich beste Saison seit langem werden. Nicht mehr als fliegender Überathlet, sondern als variabler Power Forward moderner Prägung. Ein „Stretch-Four“, der mit seinen Würfen den Mitspielern Platz verschafft, sich aber trotzdem auch alleine durchsetzen kann. Im neunten Jahr in der NBA ist Griffin so gut wie noch nie.
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